Fitnessstudios, Rehazentren etc. verkommen langsam zu tristen Stätten, in denen alles andere getrieben wird, nur kein ordentliches Krafttraining. Besonders traurig ist es, dass unzählige Studios überhaupt kein Interesse mehr an einer trainierenden Klientel haben. Möglicherweise schreckt es die breite Masse der Anwesenden ab, die aus anderen Motiven ein Studio besuchen. Weitere Gründe weshalb trainierende, also diejenigen die auch mal eine Langhantel in die Hand nehmen (nicht um zu curlen!), in manchen Studios nicht besonders gern gesehen werden, ist deren Trainingsfrequenz, insbesondere zu den Stoßzeiten. Da die Kraftathleten zudem noch wesentlich besser aussehen als die restlichen „trainierenden“, könnte es sein, dass es auf andere im Studio abfärbt. Möchte ein Kunde ebenfalls das Langhanteltraining erlernen, so wird es kompliziert, denn die meisten Studios stellen mittlerweile nur noch „Maschineneinrichter“ ein, anstatt qualifizierter Trainer.

Um sich ihrer Unkenntnis nichts anmerken zu lassen, verzichten einige Studiobetreiber somit lieber auf freie Trainingsflächen. Die Flächen für freies Langhanteltraining werden eliminiert oder zu einer animierten Kursfläche umgestaltet, womit das Problem des qualifizierten Personals ebenfalls beseitigt wird. Da fast allerorts die Mieten steigen und somit auch die meist leerstehenden Kursräume den Betreibern zu teuer werden, erweist sich das als günstigere Alternative. Leittragende hierbei sind wieder einmal die Freunde der Langhantel. Sie benötigen oft nur ein paar Quadratmeter, in denen sie ihre Hantel auf und ab bewegen können, und selbst diese wenige Meter große Fläche wird ihnen genommen. Fröhlich hüpfen dann alle paar Stunden einige Mitglieder unter Leitung eines Animateurs, wie man ihn sonst nur auf einem Kreuzfahrtschiff kennt, auf der einzigen freien Fläche herum, die einem Trainierenden noch übrigbleibt. Die restliche Zeit über müssen die Trainierenden sich die freie Fläche mit Leuten teilen, die auf dem Boden rollen, Crunches auf einem Pezziball ausführen, oder ihre Curls im Rack (falls überhaupt vorhanden) absolvieren. So werden in vielen Studios die letzten verbliebenen Anhänger des Kraftsports vertrieben, um Platz für eine Klientel zu schaffen, die offen für alles und jederzeit zahlungsbereit ist, sobald es um ein Programm geht, das unter wenig Anstrengung und geringem Zeitaufwand einen flachen Bauch und einen straffen Po verspricht.

  „Die Augen halte zu, und deinen Beutel offen, ein solcher Kunde ist es, auf den die Krämer hoffen.“

Friedrich Rückert

Kurze Programme haben zudem den Vorteil, dass sie die Aufnahmekapazität der Studios erhöhen, weshalb diese „intensiven“ Trainingseinheiten, wie z.B. ein Zirkeltraining, oder die bereits erwähnten Animationen in der Gruppe, immer wieder propagiert werden. Insbesondere in den Verkaufsstarken Monaten zu Beginn des Jahres wird besonders viel Wert auf solche Programme gelegt, um die Masse an Neulinge irgendwie unterzubringen. Nicht selten werden dabei die Trainer aufgefordert, die Mitglieder, unabhängig ihrer eigenen Zielsetzung oder der vorhandenen Beschwerden, vermehrt in ein Zirkeltraining einzuweisen. Die Gewinne in der Fitnessbranche sind schließlich nicht exponentiell, also muss man versuchen, aus der vorhandenen Fläche das Maximale herauszuholen. So werden in den Sommermonaten Kurse nach draußen in den Park verlegt und im Winter die Kursräume zu Leerlaufzeiten für die alljährlichen Abnehmseminare genutzt. Wohlgemerkt kostenpflichtig und nur im Paket mit der jeweiligen Outdoor-Ausrüstung bzw. den Abnehmprodukten erhältlich. Auf diese Weise verkommen immer mehr Studios zu Verkaufsstätten, vergleichbar mit einer Tupperwaren/Dildo-Party und das Training rückt zunehmend in den Hintergrund.

Da nun offensichtlich wenig Interesse an Menschen besteht, die ein Fitnessstudio besuchen um tatsächlich auch ein gezieltes Krafttraining zu betreiben, stellt sich die Frage, ob eine solche Einrichtung überhaupt die Bezeichnung Fitness verdient. Genauso unsinnig erscheint die Namensgebung einer Rehabilitationseinrichtung, solange nicht das Ziel verfolgt wird, die körperliche Leistungsfähigkeit wiederherzustellen, zu verbessern bzw. sie aufrecht zu erhalten.

Unbedacht bleiben bei einem solchen Vorgehen jedoch die hohen Kosten und der Aufwand, den es bedarf ein Neumitglied zu werben (Werbekosten, Verwaltung etc.). Folglich sollte sich jeder Studiobetreiber fragen, welche Art von Kundschaft er langfristig bedienen möchte. Möchte er diejenigen, die zwar kurzfristig für jeden Unfug bereit sind, längerfristig allerdings schnell gelangweilt sind, sobald ihnen nichts Neues geboten wird? Sollte man ein Mitglied werben, das nach kurzer Zeit wieder das Weite sucht, nicht zuletzt aufgrund falscher Versprechen, die man nicht in der Lage ist einzuhalten? Diejenigen, bei denen das Training im Vordergrund steht, sind in der Regel im Gegensatz zu den permanent Betreuungsbedürftigen, recht unkompliziert. Soweit alles vorhanden ist, was sie für ein Training benötigen, bleiben diese dem Studio über Jahre oder Jahrzehnte treu. Ihren Erfolg machen sie nicht von anderen abhängig, sondern nur von sich selbst. Konzentriert man sich allerdings nur auf eine „konsumfreudige“ Klientel, die das Training nicht allzu ernst nimmt, so ist man längerfristig zum Scheitern verurteilt. Dann nämlich produziert man am laufenden Band unzufriedene ehemalige Mitglieder, die ihr Scheitern im Studio der halben Welt offenbaren.